Charakterisierungen und Personenkonstellation (Thema: Die Physiker)

Charakterisierungen zu "Die Physiker" von Friedrich Dürrenmatt, ergänzt mit einem Bild zur Personenkonstellation

1. Personenkonstellation

Auch: Figurenkonstellation

Personenkonstellation


2. Charakterisierung von Johann Wilhelm Möbius


Möbius ist die Hauptperson des Dramas. In irgendeiner Weise dreht sich alles um ihn. Er ist der große, geniale Wissenschaftler, der die Welt verändern kann. Wenn die Leute gerade nicht hinter ihm her sind, dann zumindest hinter seinen Erfindungen.

Er ist 40 Jahre alt. Möbius ist ein Vollwaise und hat bereits mit 15 Jahren seine spätere Frau Lina kennengelernt. Diese half ihm auch finanziell beim Abitur und beim Studium. Irgendwann kurz bevor man ihm den Professortitel verleihen wollte,muss er dann seine genialen Erkenntnisse gehabt haben. Unter anderem soll er die Weltformel und ein „System für alle möglichen Erfindungen” aufgestellt haben, zwei Entwicklungen von unschätzbarem Wert – und auch von großer Gefahr.

Um zu verhindern, dass seine Forschungen in falsche Hände geraten spielt er den Wahnsinnigen und behauptet, dass ihm König Salomo erscheine, um so in eine Anstalt eingewiesen zu werden. Selbst seine Frau belügt er auf diese Weise. Er nimmt dadurch eine aufopferungsvolle Position ein und man kann annehmen, dass er von tiefem Altruismus geprägt ist.
Im Sanatorium sieht er sich zwischenzeitlich dazu gezwungen, die ihn betreuende Krankenschwester „Monika Stettler” zu ermorden, da diese nicht an seinen Wahnsinn glaubt und ihn dazu bringen will, mit ihr das Sanatorium zu verlassen. Würde er es aber verlassen, dann würde er auch in Kontakt mit der Außenwelt kommen und dabei riskieren, dass jemand Wind von seinen Erkenntnissen bekommt. Eine unzumutbare Gefahr, daher der Mord.

Die Figur Möbius ist vermutlich an den Mathematiker August Ferdinand Möbius angelehnt, nach dem auch das sogenannte „Möbius-Band” benannt wurde.


(Möbius ist genau 40 Jahre alt. Siehe Original "Die Physiker" von Dürrenmatt, erschienen als Taschenbuch im Diogenes Verlag. Dort steht die Altersangabe als Regieanweisung von F.D. Seite 35 unten (H.L 19.06.2008))


3. Charakterisierung von Einstein bzw. Ernst Heinrich Ernesti bzw. Joseph Eisler (Ostblock)


Einstein lässt sich mehrere Jahre nach Möbius in das Sanatorium einweisen. Wie der Spitzname schon andeutet, hält er sich für Einstein. Sein offizieller Name soll „Ernst Heinrich Ernesti” lauten.
Später erfährt man aber, dass dies nicht korrekt ist. Tatsächlich heißt er „Joseph Eisler”, ist Physiker und soll der Entdecker des „Eisler-Effekts” (welchen es nicht wirklich gibt) sein. Er arbeitet für einen Geheimdienst des östlichen Machtblocks (vermutlich KGB) und hat seinen Wahnsinn nur vorgespielt, um so in Möbius Nähe zu kommen. Da die ihn betreuende Krankenschwester (Irene Staub) ihm auf die Spur gekommen ist, hat er sie umgebracht, um seine Fassade zu schützen.

Eisler versucht Möbius davon zu überzeugen, mit ihm das Sanatorium zu verlassen und seine Forschungen der Sowjetunion zur Verfügung zu stellen. Er kann aber nicht garantieren, dass die Erkenntnisse nur zu friedlichen Zwecken genutzt werden. Stattdessen schiebt er die Verantwortung über solche Entscheidungen auf die Politiker ab, ganz im bürokratisch-kommunistischen Sinne.


4. Charakterisierung von Newton bzw. Herbert Georg Beutler bzw. Alec Jasper Kilton


Newton ist stark vergleichbar mit „Einstein”. Er kommt zu einer ähnlichen Zeit ins Sanatorium und spielt ebenfalls den Verrückten. Im Gegensatz zu Einstein sagt er aber offiziell, dass er Newton sei und gleichzeitig unter der Hand, dass er Einstein hieße und dies nur nicht verrate, um den anderen Einstein (also Eisler) nicht zu verwirren.

Wie Einstein, so ist auch er nicht wirklich verrückt. Offiziell heißt er zwar „Herbert Georg Beutler”, tatsächlich aber ist er „Alec Jasper Kilton”, Entwickler der „Entsprechengslehre” (existiert nicht wirklich). Er wurde von einem westlichen Geheimdienst (vermutlich NSA, CIA oder MI6) entsandt, um Möbius auszuspionieren und für den Westen zu gewinnen. Er lockt Möbius mit dem Nobelpreis und ist der Auffassung, dass wissenschaftliche Erkenntnisse immer veröffentlicht werden müssten, egal wie gefährlich sie sind. Die Verantwortung über die Nutzung schiebt er auf „die Menschen” ab. Diese müssten schon selbst sehen, ob sie das neue Wissen für gutes oder für schlechtes einsetzen.

Genauso wie Einstein bringt auch er eine Krankenschwester, nämlich Dorothea Moser, um, sobald diese erkennt, dass er nicht wirklich verrückt ist.


5. Charakterisierung von Doktor Mathilde von Zahnd


Mathilde von Zahnd wird als 55-jährige Jungfer beschrieben, die einen buckligen Rücken hat. Sie ist die Leiterin des Sanatoriums und entstammt einer mächtigen Adelsfamilie, deren Mitglieder bisher alle verrückt waren. Nur sie soll anders sein. Nach außen hin wirkt sie freundlich und immer verständnisvoll, als wäre sie ein mustergültiger, von Nächstenliebe geprägter Mensch. Sie gilt außerdem als angesehene Ärztin mit weltweit gutem Ruf. Selbst nach den Morden scheint sie ganz selbstlos ihre Patienten zu verteidigen.

Tatsächlich aber ist das nur die Fassade, die sie mit viel Mühe aufrecht hält. Kurz vor Ende des Dramas erfährt man, dass sie in Wahrheit verrückt ist und schon seit Jahren glaubt, dass ihr der König Salomo erscheine. Sie offenbart ihre Machtgier dadurch, dass sie Möbius' Manuskripte heimlich kopiert und mit den Erkenntnissen nun die Weltherrschaft an sich reißen will. Mit größter Skrupellosigkeit hat sie die Krankenschwestern gezielt auf die drei Physiker gehetzt. Sie wusste genau, dass sich die Frauen in ihre Patienten verlieben würden und erkennen müssten, dass diese nicht wirklich verrückt sind – und dass alle drei daraufhin ermordet werden. Bewusst hat sie dieses Mittel eingesetzt, um die Physiker mundtot zu machen und somit ihre einzigen Feinde auszuschalten.

Für das Erreichen ihrer Ziele nimmt sie bewusst in Kauf, dass Möbius' Forschungen auch negative Konsequenzen für die Menschheit - sogar deren komplette Auslöschung – haben können. Sie nimmt dementsprechend die Rolle des Bösen ein. Auffallend ist die Ähnlichkeit ihrer schroffen Aussage „Für wen sich meine Patienten halten, bestimme ich” (Akt 1) mit Görings „Wer bei mir Jude ist, bestimme ich”.


6. Charakterisierung von Kommissar Richard Voß


Er ist derjenige, der die Morde im Sanatorium aufklären soll. Beschrieben wird er als ein älterer, erfahrener, teils überarbeiteter Mann. Markant ist seine Hilflosigkeit im ersten Akt: Verzweifelt versucht er den Schuldigen für den Mord an Irene Staub zu finden, wird aber nur belehrt, dass es keinen Schuldigen gebe, sondern nur einen Wahnsinnigen, bezeichnet als „Täter”. Obwohl er als Repräsentant des Staates eigentlich die Macht haben sollte, scheint er dennoch keinerlei Einfluss auf das Geschehen zu haben. Sobald er feststellt, dass er gegen die Kultur des Irrenhauses nicht ankommt, reagiert er gleichgültig und akzeptiert die merkwürdige Verdrehung der Wirklichkeit. „Die Gerechtigkeit macht zum ersten Mal Ferien”, wie er sagt.
In Akt 2 bezeichnet er Möbius daher auch als „Täter” und interessiert sich offenbar nicht mehr sonderlich für dessen Mord. Stattdessen raucht und trinkt er nun mit den drei Physikern.

Man kann annehmen, dass Kommissar Voß von Dürrenmatt als Kritik an der Gesellschaft eingebaut wurde. Er zeigt damit die Tendenz auf, ungerechte Situationen zu akzeptieren, wenn man diese nicht ändern kann, anstatt gegen sie zu kämpfen oder wenigstens offen zu protestieren. Da Fräulein Zahnd eine Abwandlung eines Zitates von Göring verwendet (siehe oben) ist hier ein Vergleich mit der Nazizeit schlüssig. Während dieser hat das Volk auch nicht protestiert, obwohl die Ungerechtigkeiten eigentlich auf der Hand lagen. Stattdessen hat man weggeschaut und die Annehmlichkeiten genossen (vgl. Rauchen und Trinken in Akt 2).
Auch ein Vergleich mit den Alliierten zu dieser Zeit ist möglich, denn diese sind sehr lange nicht gegen die Nazis vorgegangen, obwohl sich diese hochaggressiv verhalten und bewusst gegen (anti-militärische) Verträge verstoßen haben. Man hat die Situation lieber akzeptiert und das beste draus gemacht – solange, bis man reagieren musste. Der Staat wird in „Die Physiker” auch früher oder später gegen Mathilde von Zahnd vorgehen müssen, da diese plant, die Weltherrschaft zu erlangen. Aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse, die sie von Möbius geklaut hat, wird dies allerdings äußerst schwer werden.


7. Charakterisierungen der drei Krankenschwestern


Es gibt insgesamt drei Krankenschwestern, die jeweils einem der drei Physiker zugeteilt sind:
  • Monika Stettler, Möbius zugeteilt
  • Dorothea Moser, Newton zugeteilt
  • Irene Staub, Einstein zugeteilt

Allen dreien ist gemeinsam, dass sie sich in ihre Patienten verlieben, daran glauben, dass diese nicht wirklich verrückt sind und mit ihnen die Anstalt verlassen wollen. Alle drei werden aufgrund ihrer Überzeugungen von ihren Patienten ermordet. Dorothea Moser stirbt bereits einige Zeit vor Anfang des Stücks, Irene Straub Leiche wird zu Anfang des ersten Akts untersucht und Monika Stettler wird am Ende des ersten Akts von Möbius umgebracht.


8. Charakterisierung von Lina Rose und Oskar Rose



Frau Rose ist die ehemalige Ehefrau von Möbius. Sie hat ihn bereits kennengelernt, als dieser noch 15 Jahre alt war und ihm beim Abitur und beim Studium geholfen.
Sie wird als liebe Frau dargestellt, die ihr ganzes Leben Möbius unterstützt und geliebt hat. Sie behandelt diesen wie ihr eigenes Kind und macht sich Vorwürfe, dass sie nach der Heirat mit dem Missionar Oskar Rose, das Geld für das Senatorium, indem Möbius untergebracht ist, nichtmehr aufbringen kann.
Sie ist bei ihrem wahrscheinlich letzten Treffen mit Möbius sehr unsicher und weint desöfteren, da sie sich nicht sicher ist ob es die richtige Entscheidung ist, Möbius für immer zu verlassen und mit mit ihrem Mann und den 9 Kindern weit wegzuziehen.
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