Lene Nimptsch (Thema: Irrungen, Wirrungen)

Charakterisierung der Person Lene aus Theodor Fontanes Werk "Irrungen, Wirrungen"

Schnellübersicht
  • Kompletter Name: Magdalene Nimptsch, kurz: Lene. Pflegetochter von Frau Nimptsch. Bürgerlicher Stand (nicht adlig).
  • Lernt den adligen Botho bei einem Ausflug kennen. Es entwickelt sich eine Liebesbeziehung. Später Trennung, dann ungeplantes Treffen mit Botho in Begleitung seiner Frau. Lene bringt Frau Nimptsch dazu, umzuziehen, um weiteren Treffen aus dem Weg zu gehen. Später: Frau Nimptsch stirbt, Lene heiratet Gideon Franke.
  • Lene wird beschrieben als: Gut, treu, zuverlässig, sehr direkt, ehrlich, ernst, nachdenklich, einfach, ungebildet, manchmal nach außen hin heiter und fröhlich.
  • Sie ist trotz ihrer Einfachheit und der fehlenden Bildung dennoch weitsichtig und aufgeklärt bis intelligent.
  • Sie ist desillusioniert bezüglich der Beziehung zu Botho. Sie ist sich bewusst, dass diese von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist. Dennoch genießt sie die gemeinsame Zeit.
  • Nach außen hin gibt sie sich zum Zeitpunkt der Trennung stark, ganz offensichtlich empfindet sie aber tiefen Schmerz.



Lene ist die Pflegetochter von Frau Nimptsch. Ihr kompletter Name ist "Magdalene Nimptsch", gewöhnlich wird aber nur das kürzere "Lene" verwendet. Wie ihre Pflegemutter gehört auch sie dem bürgerlichen Stand an, ist also nicht adlig.
Bereits vom Anfang des Romans an führt sie eine Beziehung zu dem sozial höher gestellten Botho von Rienäcker. Die Verbindung entstand, als Botho Lene bei einem Bootsausflug in Stralau das Leben rettete. Hätte er nicht eingegriffen, wäre Lenes Boot vermutlich mit einem größeren Dampfer kollidiert. Nach einiger Zeit des glücklichen Zusammenlebens macht sich der Standesunterschied allerdings zu stark bemerkbar (sie ist eine Bürgerliche, er ist ein Adliger). Sie müssen sich trennen.
Das Ende der Beziehung kommt für Lene nicht überraschend, ist aber dennoch eine schmerzhafte Erfahrung. Später heiratet sie den ebenfalls bürgerlichen Gideon Franke und lenkt ihr Leben dadurch in "normalere" Bahnen.


Lenes Charakter wird in erster Linie positiv beschrieben:

Zitat: S.32, Z.15ff
Botho:

Dazu bist du viel zu stolz
und eigentlich eine kleine Demokratin und ringst dir
jedes freundliche Wort nur so von der Seele.

Zitat: S.38, Z.8ff
Botho:

Wahrhaftig, der Brief ist wie Lene selber, gut, treu, zuverlässig (...)

Lene ist charakterlich von ihrem Leben im bürgerlichen Stand geprägt. Sie ist sehr direkt und verzichtet auf ausgiebige Höflichkeiten wie sie beim Adel üblich waren, hat aber dennoch ein gutes Herz. Ihre wahre Höflichkeit liegt in ihrer Zuverlässigkeit, ihrer Treue und ihrer Ehrlichkeit. Infolge der recht widrigen, armen Lebensverhältnisse hat sie sich außerdem ein gutes Verständnis von Pflicht, Recht und Ordnung erworben. Außerdem ist sie häufig ernst und nachdenklich, wenngleich sie sich nach Außen hin zumeist als heiter und fröhlich darstellt.

Zitat: S.144, Z.8ff
Botho:

Von Redensarten [bei Lene] keine Spur, auch später nicht, was ich
gleich hier hervorheben möchte. Denn so heiter und
mitunter beinahe ausgelassen sie sein kann, von Natur
ist sie nachdenklich, ernst und einfach.

Zitat: S.145, Z.17f
Botho:

(...) die Lene lügt nicht
und bisse sich eher die Zunge ab, als dass sie flunkerte.

Zitat: S.146, Z.35ff
Botho:

(...) sie hat das Herz auf dem rechten Fleck und ein starkes
Gefühl für Pflicht und Recht und Ordnung
.

Lene wird zumeist als "einfach" beschrieben (siehe Zitate oben) und hat offensichtlich einen niedrigen Bildungsstand, wie es in dieser Zeit für das Bürgertum üblich war. So beherrscht sie weder eine Fremdsprache (sie Hankels Ablage), noch ist ihre Rechtschreibung sonderlich gut (siehe Briefe an Botho).
Aus dieser Einfachheit sollte man allerdings nicht voreilig Dummheit oder Naivität ableiten. Gerade in ihrer Beziehung zu Botho zeichnet sie sich durch gegenteilige Eigenschaften ist. Mehrmals äußert sie sich über ihre gemeinsame Zukunft mit Botho desillusioniert und weitsichtig. Ihre Gefühle erlangen nicht die Kontrolle über ihre Fähigkeit, zum rationalen Denken. Daher macht sie sich auch keine falschen Vorstellungen über eine mögliche Heirat. Sie ist sich im klaren, dass es langfristig für ihre Beziehung keine Zukunft gibt und dass sich Botho früher oder später von ihr trennen wird.

Zitat: S.33, Z.10ff
Lene:

Aber wegfliegen wirst du [Botho], das seh ich klar und gewiss.
Du wirst es müssen. Es heißt, die Liebe mache
blind, aber sie macht auch hell und fernsichtig.

So versucht Lene auch das Glück ihrer gemeinsamen Beziehung so lange wie möglich zu genießen, während das mögliche Ende der Beziehung stets in Sichtweite liegt und jederzeit kommen könnte. Entsprechend passt sie sich auch in ihren Ansprüchen an die Beziehung an und übt sich in Bescheidenheit:

Zitat: S.18, Z.18ff
Lene:

Wenn ich einen liebe, dann lieb ich ihn. Und das ist mir genug.
Und will weiter gar nichts von ihm, nichts, gar nichts (...)

Lene bewegt sich in ihrem Selbstverständnis in Bezug auf die Beziehung in eine untertänige Position: Sie sollte glücklich darüber sein, dass die Beziehung überhaupt existiert und keine weiteren Ansprüche an sie stellen. Es kommt nur, was kommen muss.
Dieses Selbstverständnis erleichtert es ihr, mit der ständigen Gefahr der Trennung und ihrer völligen Hilflosigkeit, dem kompletten Fehlen von Einfluss auf das Beziehungsende, dessen Zeitpunkt einzig und allein von Botho entschieden wird, zu leben. Nach außen hin gibt sich Lene stark und standfest. Ihr letztes Treffen, bei dem die Trennung bereits fest steht, weint sie keine Träne um ihn. Dennoch lässt sich erkennen, dass sie in ihrem Inneren durchaus mehr Schmerzen empfindet, als sie nach außen hin zeigt. So lässt sich aus einem ihrer Briefe entnehmen, dass sie mit großer Angst dem Ende der Beziehung entgegensieht:

Zitat: S.36, Z.34ff
Mutter neckt mich schon und sagt: 'Er kommt nicht wieder.' Ach, wie mir das immer einen Stich ins Herz gibt, weil es ja mal so kommen muss und weil ich fühle, dass es jeden Tag kommen kann.

Später - lange nach der Trennung - sieht sie Botho noch einmal zufällig wieder. Auf der Straße ist er mit seiner neuen Frau Käthe unterwegs. Dieses Wiedersehen zusammen mit einer anderen Frau verletzt sie so sehr, dass sie in Ohnmacht fällt und später ihre Pflegemutter Frau Nimptsch zum Umzug drängt - nur um weitere unfreiwilligen Treffen mit Botho zu verhindern.
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