Übersetzung 1. Aufzug (Teil 2) (Thema: Iphigenie auf Tauris)

Eine Übersetzung des 1. Aufzugs von Iphigenie auf Tauris in modernes Deutsch (Teil 2)

1. Hinweise

Dies ist der zweite Teil zur Übersetzung des 1. Aufzugs von Iphigenie auf Tauris. Alle Hinweise, die für den ersten Teil gelten, gelten auch für diesen Teil.

2. 1. Aufzug, 3. Auftritt

Goethe-Deutsch Modernes Deutsch
Iphigenie.
Mit königlichen Gütern segne dich
Die Göttin! Sie gewähre Sieg und Ruhm
Und Reichthum und das Wohl der Deinigen
Und jedes frommen Wunsches Fülle dir!
Daß, der du über viele sorgend herrschest,
Du auch vor vielen seltnes Glück genießest.
Iphigenie:
Gesegnest seist du, König Thoas, von der Göttin mit reichen Gütern!
Ich hoffe, sie wird dir Siege, Ruhm,
Reichtum und die Anerkennung deiner Untertanen schenken.
Ich hoffe auch, dass sie dir jeden deiner sonstigen Wünsche erfüllen wird.
Sodass auch du, der sich um so viele Menschen vom Thron aus kümmert,
in großen Glück leben kann.
Thoas.
Zufrieden wär' ich wenn mein Volk mich rühmte:
Was ich erwarb, genießen andre mehr
Als ich. Der ist am glücklichsten, er sei
Ein König oder ein Geringer, dem
In seinem Hause Wohl bereitet ist.
Du nahmest Theil an meinen tiefen Schmerzen,
Als mir das Schwert der Feinde meinen Sohn,
Den letzten, besten, von der Seite riß.
So lang die Rache meinen Geist besaß,
Empfand ich nicht die Öde meiner Wohnung;
Doch jetzt, da ich befriedigt wiederkehre,
Ihr Reich zerstört, mein Sohn gerochen ist,
Bleibt mir zu Hause nichts das mich ergetze.
Der fröhliche Gehorsam, den ich sonst
Aus einem jeden Auge blicken sah,
Ist nun von Sorg' und Unmuth still gedämpft.
Ein jeder sinnt was künftig werden wird,
Und folgt dem Kinderlosen, weil er muß.
Nun komm' ich heut in diesen Tempel, den
Ich oft betrat, um Sieg zu bitten und
Für Sieg zu danken. Einen alten Wunsch
Trag' ich im Busen, der auch dir nicht fremd
Noch unerwartet ist: ich hoffe, dich,
Zum Segen meines Volks und mir zum Segen,
Als Braut in meine Wohnung einzuführen.
Thoas:
Ich wäre zufrieden, wenn mein Volk mir große Anerkennung entgegen brächte.
Von dem was ich erobert habe, haben andere mehr als ich.
Derjenige ist am glücklichsten,
ganz egal ob er König oder Armer ist,
der zu Hause von einer Familie empfangen wird.
Du hast Anteilnahme gezeigt
als mein Sohn im Kampf gestorben ist
— er war mein einziger Sohn, er hat mir alles bedeutet.
Ich war von Rachegedanken erfüllt!
Und so lange ich wütend war, spürte ich nicht die Leere meiner Wohnung.
Doch jetzt bin ich zurückgekehrt,
jetzt habe ich die Feinde besiegt, habe ihr ganzes Reich zerstört, habe meine Rache bekommen.
Nun ist mein zu Hause so leer.
Zufriedenen Gehorsam und Loyalität —
das war es, was ich bisher immer in den Augen meiner Untergebenen gesehen habe.
Doch heute sind sie sorgenvoll.
Sie fragen sich, was die Zukunft bringen wird, nun, da ich keinen Sohn mehr habe, der einmal meinen Platz einnehmen könnte.
Noch folgen sie mir, weil sie keine andere Wahl haben.
Heute kommen ich in diesen Tempel.
Ich habe ihn schon oft betreten — manchmal, um für einen Sieg zu beten und manchmal,
um mich für einen erlangten Sieg zu bedanken. Doch heute habe ich auch einen alten Wunsch,
den du bereits kennst
und der für dich wohl nicht unerwartet kommt: Ich bitte dich,
zum Wohle meines Vokes und zu meiner Freude,
meine Frau zu werden.
Iphigenie.
Der Unbekannten bietest du zu viel,
O König, an. Es steht die Flüchtige
Beschämt vor dir, die nichts an diesem Ufer
Als Schutz und Ruhe sucht, die du ihr gabst.
Iphigenie:
Du bietest einer Unbekannten sehr viel,
König. Ich bin nur eine Flüchtige, die hier vor dir steht.
Auf dieser Insel
wollte ich nicht mehr als Schutz und etwas Ruhe haben. Beides habt ihr mir gegeben.
Thoas.
Daß du in das Geheimniß deiner Ankunft
Vor mir wie vor dem Letzten stets dich hüllest,
Wär' unter keinem Volke recht und gut.
Dieß Ufer schreckt die Fremden: das Gesetz
Gebietet's und die Noth. Allein von dir,
Die jedes frommen Rechts genießt, ein wohl
Von uns empfangner Gast, nach eignem Sinn
Und Willen ihres Tages sich erfreut,
Von dir hofft' ich Vertrauen, das der Wirth
Für seine Treue wohl erwarten darf.
Thoas:
Dass du noch immer verschweigst wie du hier hergekommen bist,
sowohl vor mir wie auch vor allen anderen,
das würde wohl kein Volk gerne sehen.
Diese Insel ist feindselig gegenüber Fremden: Das Gesetz
und die Notwendigkeit lassen uns keine andere Wahl. Du aber
hast die selben Rechte wie jede fromme Person
und bist und von uns gern empfangener Gast. Du darfst deinen
Tag planen und genießen wie es dir in den Sinn kommt.
Von dir hatte ich daher das Vertrauen erhofft,
das wohl jeder gute Gastgeber erwarten darf.
Iphigenie.
Verbarg ich meiner Eltern Namen und
Mein Haus, o König, war's Verlegenheit,
Nicht Mißtraun. Den vielleicht, ach wüßtest du
Wer vor dir steht, und welch verwünschtes Haupt
Du nährst und schützest, ein Entsetzen faßte
Dein großes Herz mit seltnem Schauer an,
Und statt die Seite deines Thrones mir
Zu bieten, triebest du mich vor der Zeit
Aus deinem Reiche; stießest mich vielleicht,
Eh' zu den Meinen frohe Rückkehr mir
Und meiner Wandrung Ende zugedacht ist,
Dem Elend zu, das jeden Schweifenden,
Von seinem Haus Vertriebnen überall
Mit kalter fremder Schreckenshand erwartet.
Iphigenie:
Ich habe die Namen meiner Eltern
und meine Herkunft aus Verlegenheit verschwiegen,
nicht aus Misstrauen. Ich glaube, wenn du wüsstest,
wer da vor dir steht und wie verwünscht diese Person ist,
die du ernährst und beschützt, du wärst wohl entsetzt
und würdest zutiefst erschaudern.
Anstatt mir eine Heirat anzubieten,
würdest du mich wohl sehr bald aus
deinem Reich verjagen. Wahrscheinlich würdest du mich
bevor ich zu meiner Familie zurückkomme
und bevor meine „Reise” zu ende ist
ins Elend verstoßen. In das Elend, das jeden erwartet,
der von seinem zu Hause vertrieben wurde
und auf das er wohl überall trifft.
Thoas.
Was auch der Rath der Götter mit dir sei,
Und was sie deinem Haus und dir gedenken;
So fehlt es doch, seitdem du bei uns wohnst
Und eines frommen Gastes Recht genießest,
An Segen nicht, der mir von oben kommt.
Ich möchte schwer zu überreden sein,
Daß ich an dir ein schuldvoll Haupt beschütze.
Thoas:
Was auch immer die Götter über dich denken
und auch immer sie für deine Familie und dich entschieden haben,
ich kann nur sagen: Seit du hier lebst
und wie einer guter Gast behandelt wirst,
seitdem sind uns die Götter sehr zugeneigt.
Es fällt mir da schwer zu glauben,
dass du so viel Schuld auf dich geladen haben sollst.
Iphigenie.
Dir bringt die Wohlthat Segen, nicht der Gast.
Iphigenie:
Die Götter sind dir zugeneigt, weil du mich gut behandelst — nicht weil gerade ich dein Gast bin.
Thoas.
Was man Verruchten thut wird nicht gesegnet.
Drum endige dein Schweigen und dein Weigern;
Es fordert dieß kein ungerechter Mann.
Die Göttin übergab dich meinen Händen;
Wie du ihr heilig warst, so warst du's mir.
Auch sei ihr Wink noch künftig mein Gesetz:
Wenn du nach Hause Rückkehr hoffen kannst,
So sprech' ich dich von aller Fordrung los.
Doch ist der Weg auf ewig dir versperrt,
Und ist dein Stamm vertrieben, oder durch
Ein ungeheures Unheil ausgelöscht,
So bist du mein durch mehr als Ein Gesetz.
Sprich offen! und du weißt, ich halte Wort.
Thoas:
Die Götter segnen keine guten Taten, die man für schlechte Menschen erbringt.
Also, hör auf deine Vergangenheit zu verschweigen!
Ich bin schließlich kein ungerechter Mensch.
Die Götter haben dich mir übergeben
und ich war stets bemüht, dich so gut wie möglich zu behandeln.
Auch in Zukunft werde ich diese Entscheidung der Götter beachten.
Wenn du darauf hoffen kannst, jemals zu deiner Familie zurückzukehren,
dann sag es jetzt und ich lasse dich vielleicht zurück nach Hause.
Allerdings wirst du ewig auf dieser Insel bleiben müssen,
wenn deine Familie vertrieben,
oder wenn sie bereits ausgelöscht wurde.
Dann hast du keine andere Wahl als hier zu bleiben.
Sprich dich aus, ich halte mein Wort!
Iphigenie.
Vom alten Bande löset ungern sich
Die Zunge los, ein lang verschwiegenes
Geheimniß endlich zu entdecken; denn
Einmal vertraut, verläßt es ohne Rückkehr
Des tiefen Herzens sichre Wohnung, schadet,
Wie es die Götter wollen, oder nützt.
Vernimm! ich bin aus Tantalus Geschlecht.
Iphigenie:
Nur ungern
will ich dieses lang gehütete
Geheimnis verraten. Denn
wenn ich das einmal getan habe, gibt es keinen Weg mehr zurück,
dann ist es allgemein bekannt. Ob es Schaden anrichtet
oder ob es nützt, liegt dann ganz allein bei den Göttern.
Nun denn: Ich bin eine Nachfahrin von Tantalos.
Thoas.
Du sprichst ein großes Wort gelassen aus.
Nennst du Den deinen Ahnherrn, den die Welt
Als einen ehmals Hochbegnadigten
Der Götter kennt? Ist's jener Tantalus,
Den Jupiter zu Rath und Tafel zog,
An dessen alterfahrnen, vielen Sinn
Verknüpfenden Gesprächen Götter selbst,
Wie an Orakelsprüchen, sich ergetzten?
Thoas:
Das ist ja schon etwas sehr bemerkenswertes, was du da so beiläufig sagst.
Du meinst wirklich den Mann, der uns
als der bekannt ist, der
von den Götter so sehr geschätzt wurde? Du meinst den Tantalos,
mit dem Jupiter gegessen hat und dessen Rat er beachtete?
Der so erfahren und so klug war,
dass seine Aussagen
selbst für die Götter wie Wahrsagungen des Orakels waren.
Iphigenie.
Er ist es; aber Götter sollten nicht
Mit Menschen, wie mit ihres Gleichen, wandeln;
Das sterbliche Geschlecht ist viel zu schwach
In ungewohnter Höhe nicht zu schwindeln.
Unedel war er nicht und kein Verräther;
Allein zum Knecht zu groß, und zum Gesellen
Des großen Donnrers nur ein Mensch. So war
Auch sein Vergehen menschlich; ihr Gericht
War streng, und Dichter singen: Übermuth
Und Untreu' stürzten ihn von Iovis Tisch
Zur Schmach des alten Tartarus hinab.
Ach und sein ganz Geschlecht trug ihren Haß!
Iphigenie:
Genau den Tantalos meine ich. Aber Götter sollten
Menschen nie behandeln, als wären diese welche von ihnen.
Sterbliche Wesen sind viel zu schwach,
um diese hochgesteckten Anforderungen zu erfüllen.
Tantalos war kein schlechter Mensch und auch kein Verräter,
doch war er zu bedeutend, um nur ein niederer Untertan von Jupiter zu sein — und zum Juniorpartner des Gottes
reichte es auch nicht, denn er war letztlich nur ein Mensch.
Auch sein Vergehen war menschlich, doch das Gericht der Götter war
streng. Nun sagt man über ihn, dass Übermut
und Untreue ihn Jupiters
Gunst verlieren ließen.
So muss nun die gesamte Familie den Hass der Götter ertragen.
Thoas.
Trug es die Schuld des Ahnherrn oder eigne?
Thoas:
Begingen seine Nachkommen eigene Verbrechen oder trugen sie nur die Schuld des Tantalos mit sich herum?
Iphigenie.
Zwar die gewalt'ge Brust und der Titanen
Kraftvolles Mark war seiner Söhn' und Enkel
Gewisses Erbtheil; doch es schmiedete
Der Gott um ihre Stirn ein ehern Band.
Rath, Mäßigung und Weisheit und Geduld
Verbarg er ihrem scheuen düstern Blick;
Zur Wuth ward ihnen jegliche Begier,
Und gränzenlos drang ihre Wuth umher.
Schon Pelops, der Gewaltig-wollende,
Des Tantalus geliebter Sohn, erwarb
Sich durch Verrath und Mord das schönste Weib,
Önomaus Erzeugte, Hippodamien.
Sie bringt den Wünschen des Gemahls zwei Söhne,
Thyest und Atreus. Neidisch sehen sie
Des Vaters Liebe zu dem ersten Sohn
Aus einem andern Bette wachsend an.
Der Haß verbindet sie, und heimlich wagt
Das Paar im Brudermord die erste That.
Der Vater wähnet Hippodamien
Die Mörderin, und grimmig fordert er
Von ihr den Sohn zurück, und sie entleibt
Sich selbst--
Iphigenie:
Zwar wurden die große Brust und
die kräftigen Knochen von seinen Söhnen und Enkeln
geerbt. Doch
die Götter verbanden sie auf ganz besondere Weise:
Er nahm ihnen Weisheit, Geduld und die Fähigkeit zur Mäßigung.
Sie mussten ohne diese auskommen.
Was er ihnen gab: Grenzenlose Wut, die von jeder kleinen Begierde ausgelöste wurde
und sie in Raserei verfallen ließ.
Schon Pelops, der gierige,
der Tantalos direkter Sohn war, gewann Hippodamien,
eine sehr schöne Frau, nur durch Verrat und Mord.
Sie war die Tochter von Oinomaos.
Pelops zeugte mit ihr zwei Söhne:
Thyestes und Atreus. Beide wurden neidisch
auf den ersten Sohn des Vaters (Chrysippos).
In ihrem Hass verbündeten sie sich und
ermordeten den Halbbruder — der erste Mord innerhalb der Familie.
Tantalos vermutete, dass seine Frau Hippodamien
die Tat begangen hat. Er forder
von ihr seinen nun toten Sohn zurück, woraufhin
sie sich selbst umbringt (Iphigenie unterbricht)
Thoas.
Du schweigest? Fahre fort zu reden!
Laß dein Vertraun dich nicht gereuen! Sprich!
Thoas:
Wieso hörst du auf zu reden? Erzähl mehr!
Zeige mir weiter dein Vertrauen! Na los!
Iphigenie.
Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt,
Der froh von ihren Thaten, ihrer Größe
Den Hörer unterhält, und still sich freuend
An's Ende dieser schönen Reihe sich
Geschlossen sieht! Denn es erzeugt nicht gleich
Ein Haus den Halbgott noch das Ungeheuer;
Erst eine Reihe Böser oder Guter
Bringt endlich das Entsetzen, bringt die Freude
Der Welt hervor.--Nach ihres Vaters Tode
Gebieten Atreus und Thyest der Stadt,
Gemeinsam-herrschend. Lange konnte nicht
Die Eintracht dauern. Bald entehrt Thyest
Des Bruders Bette. Rächend treibet Atreus
Ihn aus dem Reiche. Tückisch hatte schon
Thyest, auf schwere Thaten sinnend, lange
Dem Bruder einen Sohn entwandt und heimlich
Ihn als den seinen schmeichelnd auferzogen.
Dem füllet er die Brust mit Wuth und Rache
Und sendet ihn zur Königsstadt, daß er
Im Oheim seinen eignen Vater morde.
Des Jünglings Vorsatz wird entdeckt: der König
Straft grausam den gesandten Mörder, wähnend,
Er tödte seines Bruders Sohn. Zu spät
Erfährt er, wer vor seinen trunknen Augen
Gemartert stirbt; und die Begier der Rache
Aus seiner Brust zu tilgen, sinnt er still
Auf unerhörte That. Er scheint gelassen
Gleichgültig und versöhnt, und lockt den Bruder
Mit seinen beiden Söhnen in das Reich
Zurück, ergreift die Knaben, schlachtet sie,
Und setzt die ekle schaudervolle Speise
Dem Vater bei dem ersten Mahle vor.
Und da Thyest an seinem Fleische sich
Gesättigt, eine Wehmuth ihn ergreift,
Er nach den Kindern fragt, den Tritt, die Stimme
Der Knaben an des Saales Thüre schon
Zu hören glaubt, wirft Atreus grinsend
Ihm Haupt und Füße der Erschlagnen hin.--
Du wendest schaudernd dein Gesicht, o König:
So wendete die Sonn' ihr Antlitz weg
Und ihren Wagen aus dem ewg'en Gleise.
Dieß sind die Ahnherrn deiner Priesterin;
Und viel unseliges Geschick der Männer,
Viel Thaten des verworrnen Sinnes deckt
Die Nacht mit schweren Fittigen und läßt
Uns nur die grauenvolle Dämmrung sehn.
Iphigenie:
Menschen, die ihren Vorfahren ohne Gewissensbisse gedenken können sind gut dran.
Sie können sich an die Taten und die Größe dieser mit Freude erinnern.
Sie können von diesen erzählen und die Hörer mit den Geschichten unterhalten,
die sich selbst am Ende der Ahnenfolge
sehen (unsicher).
Keine Familie erzeugt gleich einen Halbgott oder ein Ungeheuer,
es müssen immer erst mehrere aufeinander folgen, um
die Welt zu entsetzen oder um sie zu erfreuen (unsicher).
Nachdem ihr Vater gestorben ist
regierten Thyestes und Atreus gemeinsam in der Stadt.
Doch die Harmonie zwischen den beiden
hielt nicht lange. Es dauert nicht lange bis Thyestus die
Ehre seines Bruders verletzt indem er mit seiner Frau schläft.
Atreus verjagd ihn daraufhin aus Rache aus dem Reich.
Doch Thyestes hatte bereits vorgesorgt und
den Sohn seines Bruders heimlich
wie seinen eigenen aufgezogen.
Nachdem er aus dem Reich verjagd worden war hetzte er den Sohn gegen seinen Vater auf
und schickte ihn dann in dessen Stadt.
Sein Auftrag: Atreus — seinen eigenen Vater — zu ermorden.
Doch Atreus bekommt Wind von der Sache.
Er bringt daher den Attentäter qualvoll um
und denkt, es sei der Sohn von Thyestes gewesen.
Zu spät erfährt er während der Exekution, wen
er da wirklich umbringen lässt.
Von Rachegedanken erfüllt plant er
anschließend die nächste Tat: die Ermordung von Thyestes.
So spielt er den Gelassenen und gibt vor, nach Versöhnung zu suchen. So lockt er den Bruder (Thyestes)
mit dessen beiden Söhnen ins Reich.
Heimlich lässt er die beiden Jungen gefangen nehmen und schlachten.
Ihr Fleisch lässt er den unwissenden Thyestes als Abendessen vorsetzen.
Während Thyestes beim Essen ist,
wundert er sich, wo die Kinder sind,
fragt nach diesen,
und glaubt sie schon herkommen zu hören.
Atreus zeigt Thyestes daraufhin Köpfe und Füße der beiden Söhne. —
Oh, König, du guckst so geekelt?
Genauso wandte sich auch die Sonne von meiner Familie ab
und ließ sie auf die schiefe Bahn geraten (?).
Das sind meine Vorfahren, die Vorfahren deiner Priesterin!
Das sind die Taten der Männer,
die von ihren Emotionen geblendet wurden.
Wenig davon gelangt ans Licht,
aber was bekannt wird lässt einen erschaudern.
Thoas.
Verbirg sie schweigend auch. Es sei genug
Der Gräuel! Sage nun, durch welch ein Wunder
Von diesem wilden Stamme du entsprangst.
Genug jetzt davon. Genug
von diesen Verbrechen! Erzähl mir jetzt wie es sein kann,
dass die zu dieser Familie gehörst?
Iphigenie.
Des Altreus Ält'ster Sohn war Agamemnon:
Er ist mein Vater. Doch ich darf es sagen,
In ihm hab' ich seit meiner ersten Zeit
Ein Muster des vollkommnen Manns gesehn.
Ihm brachte Klytämnestra mich, den Erstling
Der Liebe, dann Elektren. Ruhig herrschte
Der König, und es war dem Hause Tantals
Die lang entbehrte Rast gewährt. Allein
Es mangelte dem Glück der Eltern noch
Ein Sohn, und kaum war dieser Wunsch erfüllt,
Daß zwischen beiden Schwestern nun Orest
Der Liebling wuchs, als neues Übel schon
Dem sichern Hause zubereitet war.
Der Ruf des Krieges ist zu euch gekommen,
Der, um den Raub der schönsten Frau zu rächen,
Die ganze Macht der Fürsten Griechenlands
Um Trojens Mauern lagerte. Ob sie
Die Stadt gewonnen, ihrer Rache Ziel
Erreicht, vernahm ich nicht. Mein Vater führte
Der Griechen Heer. In Aulis harrten sie
Auf günst'gen Wind vergebens: denn Diane,
Erzürnt auf ihren großen Führer, hielt
Die Eilenden zurück und forderte
Durch Kalchas Mund des Königs ält'ste Tochter.
Sie lockten mit der Mutter mich in's Lager;
Sie rissen mich vor den Altar und weihten
Der Göttin dieses Haupt. Sie war versöhnt:
Sie wollte nicht mein Blut und hüllte rettend
In eine Wolke mich; in diesem Tempel
Erkannt ich mich zuerst vom Tode wieder.
Ich bin es selbst, bin Iphigenie,
Des Altreus Enkel, Agamemnons Tochter,
Der Göttin Eigenthum, die mit dir spricht.
Iphigenie:
Der älteste Sohn von Altreus ist Agamemnon,
welcher mein Vater ist. Doch
für mich war er mein ganzes Leben lang
ein Beispiel für einen vollkommenen Mann.
Ich bin die Tochter von Klytämnestra und das erste Kind meiner Eltern.
Nach mir wurde Elektra geboren. Mein Vater herrschte mit viel Ruhe
als König. Endlich erhielt unsere Familie eine Phase des Friedens.
Nur ein Sohn fehlte den Eltern noch,
der aber wenig später ebenfalls geboren und Orest genannt wurde.
So wuchs neben den Schwestern nun auch ein Sohn in der Familie auf.
Und wie der neue Liebling groß wurde, brach das Übel über uns herein
und das Glück der Familie wurde jäh beendet.
Der Krieg war ausgebrochen.
Die schönste Frau Griechenlands war „gestohlen” worden. Eine Tat, die gerächt werden musste.
So belagerte das ganze Heer Griechenlands
die Mauern von Troja. Ich weiß nicht,
ob sie die Stadt erobert und damit
ihr Ziel erreicht haben. Mein Vater führte
das griechische Heer an. In Aulis aber warteten die Schiffe vergeblich
auf günstigen Wind. Die Göttin Diana war wütend über
das Verhalten der griechischen Anführer. Sie hielt
die Armee zurück und forderte ein Opfer:
Durch den Seher Kalchas ließ sie verkünden, dass die Tochter des Königs (also Iphigenie) getötet werden soll.
Daher lockten sie meine Mutter (Klytämnestra) und mich (Iphigenie) ins Lager der griechischen Armee.
Als wir dort angekommen waren, zerrten sie uns vor den Altar.
Sie opferten meine Mutter, woraufhin Diana zufrieden gestellt war.
Diana wollte nicht auch noch mein Blut,
daher hüllte sie mich in eine Wolke und
brachte mich in diesen Tempel — gerade noch rechtzeitig bevor ich getötet wurde.
Ich bin Iphigenie. Mit dir spricht die
Enkelin von Altreus, die Tochter von Agamemnon,
und das Eigentum der Göttin Diana.
Thoas.
Mehr Vorzug und Vertrauen geb' ich nicht
Der Königstochter als der Unbekannten.
Ich wiederhole meinen ersten Antrag:
Komm, folge mir, und theile was ich habe.
Thoas:
Ich vertraue und begegne
einer Königstochter ganz genauso wie jeder Unbekannten.
Daher kann ich nur wiederholen, was ich mir schon zuvor gewünscht habe:
Willige der Heirat ein, lass mich alles was ich habe mit dir teilen.
Iphigenie.
Wie darf ich solchen Schritt, o König, wagen?
Hat nicht die Göttin, die mich rettete,
Allein das Recht auf mein geweihtes Leben?
Sie hat für mich den Schutzort ausgesucht,
Und sie bewahrt mich einem Vater, den
Sie durch den Schein genug gestraft, vielleicht
Zur schönsten Freude seines Alters hier.
Vielleicht ist mir die frohe Rückkehr nah;
Und ich, auf ihren Weg nicht achtend, hätte
Mich wider ihren Willen hier gefesselt?
Ein Zeichen bat ich, wenn ich bleiben sollte.
Iphigenie:
Wie könnte ich soetwas tun?
Immerhin hat Diana mich gerettet und damit
das Recht, über mein Leben zu bestimmen.
Sie hat diesen Ort als Schutz für mich ausgewählt
und schützt mein Leben für meinen Vater,
der bereits durch den Anschein meines Todes genug bestraft wurde.
Vielleicht sieht die Göttin vor, dass ich ihm wieder begegne, wenn er älter geworden ist.
Vielleicht hat sie meine Rückkehr bereits geplant und vielleicht soll diese schon bald stattfinden?
Wenn ich dann ihren vorbestimmten Weg nicht beachte,
dann hätte ich mich durch eine Heirat an diesen Ort gebunden.
Ich habe sie bereits um ein Zeichen gebeten, ob ich hierbleiben soll.
Thoas.
Das Zeichen ist, daß du noch hier verweilst.
Such' Ausflucht solcher Art nicht ängstlich auf.
Man spricht vergebens viel, um zu versagen;
Der andre hört von allem nur das Nein.
Thoas:
Du bist noch immer hier, das ist das Zeichen!
Hör auf, dich hinter solchen Ausreden zu verstecken!
Denn egal wie viel du um die Sache herumredest,
am Ende kommt bei mir sowieso nur das schlichte „Nein” an.
Iphigenie.
Nicht Worte sind es, die nur blenden sollen;
Ich habe dir mein tiefstes Herz entdeckt.
Und sagst du dir nicht selbst, wie ich dem Vater,
Der Mutter, den Geschwistern mich entgegen
Mit ängstlichen Gefühlen sehnen muß?
Daß in den alten Hallen, wo die Trauer
Noch manchmal stille meinen Namen lispelt,
Die Freude, wie um eine Neugeborne,
Den schönsten Kranz von Säul an Säulen schlinge.
O sendetest du mich auf Schiffen hin!
Du gäbest mir und allen neues Leben.
Iphigenie:
Das waren nicht nur einfache Ausflüchte.
Ich habe dir mein Herz ausgeschüttet!
Fragst du dich nicht auch, wie ich mich wohl nach meinem Vater,
nach meiner Mutter, und nach den Geschwistern
sehne.
Wenn du mich doch nur nach Hause bringen würdest — an den Ort, an dem man ganz leise
vor Trauer meinen Namen sagt.
Man würde sich freuen wie um ein Neugeborenes,
und ein großes Fest veranstalten.
Wenn du mich auf Schiffen zurücksenden würdest,
dann würdest du nicht nur mir, sondern auch meiner ganzen Familie ein neues Leben schenken.
Thoas.
So kehr' zurück! Thu' was dein Herz dich heißt,
Und höre nicht die Stimme guten Raths
Und der Vernunft. Sei ganz ein Weib und gib
Dich hin dem Triebe, der dich zügellos
Ergreift und dahin oder dorthin reißt.
Wenn ihnen eine Lust im Busen brennt,
Hält vom Verräther sie kein heilig Band,
Der sie dem Vater oder dem Gemahl
Aus langbewährten, treuen Armen lockt;
Und schweigt in ihrer Brust die rasche Gluth,
So dringt auf sie vergebens treu und mächtig
Der Überredung goldne Zunge los.
Thoas:
Dann geh halt zurück! Dann tu, was du gerade für richtig hälst,
dann hört nicht auf einen guten Rat eines Freundes
und der Vernunft. Sei halt eine einfache Frau und
gib dich ganz deinen Trieben hin. Lass dich ruhig zügellos
von ihnen treiben.
Dann bringen sie dich halt vergnügt
direkt in die Hände des Verräters zurück,
auch wenn du woanders
so viel besser behandelt wurdest.
Und wenn die Emotionen dann mal abklingen,
auch dann wirkt ohne nennenswerte Auswirkungen
der Verstand auf sie ein. (?)
Iphigenie.
Gedenk', o König, deines edeln Wortes!
Willst du mein Zutraun so erwiedern? Du
Schienst vorbereitet alles zu vernehmen.
Iphigenie:
Erinner dich an das, was du versprochen hast!
Oder willst du mein Vertrauen nun auf diese Weise erwidern?
Immerhin sah es so aus als wärst du bereit, die ganze Wahrheit zu erfahren.
Thoas.
Auf's Ungehoffte war ich nicht bereitet;
Doch sollt' ich's auch erwarten: wußt' ich nicht,
Daß ich mit einem Weibe handeln ging?
Thoas:
Ich war nicht darauf vorbereitet zu hören, was ich nicht hören wollte.
Aber ich hätte es erwarten sollen:
Immerhin rede ich mit einer Frau.
Iphigenie.
Schilt nicht, o König, unser arm Geschlecht.
Nicht herrlich wie die euern, aber nicht
Unedel sind die Waffen eines Weibes.
Glaub' es, darin bin ich dir vorzuziehn,
Daß ich dein Glück mehr als du selber kenne.
Du wähnest, unbekannt mit dir und mir,
Ein näher Band werd' uns zum Glück vereinen.
Voll guten Muthes wie voll guten Willens
Dringst du in mich, daß ich mich fügen soll;
Und hier dank' ich den Göttern, daß sie mir
Die Festigkeit gegeben, dieses Bündniß
Nicht einzugehen, das sie nicht gebilligt.
Iphigenie:
Zeigt bitte etwas mehr Respekt gegenüber Frauen, o König.
Unsere Waffen sind zwar nicht so bemerkenswert wie eure,
aber dennoch sind sie nicht unedel.
Allerdings bin ich mir sicher,
dass ich dein Glück besser kenne als du selbst.
Obwohl du mich nicht kennst und auch nicht wirklich dich selbst, denkst du,
dass eine Heirat uns glücklich machen würde.
Du meinst es gut mit mir und bist zuversichtlich.
Du drängst mich, einer Hochzeit einfach zuzustimmen.
An dieser Stelle muss ich den Göttern dafür danken,
dass sie mir die Standhaftigkeit gegeben haben, um auf
diese Forderung, die von den Götter nicht gebilligt wurde, auch nicht einzugehen.
Thoas.
Es spricht kein Gott; es spricht dein eignes Herz.
Thoas:
Das was du da sagst ist nicht der Wille einer Gottheit, sondern das was dein Herz zu der Heirat meint.
Iphigenie.
Sie reden nur durch unser Herz zu uns.
Iphigenie:
Die Götter reden über unsere Herzen.
Thoas.
Und hab' Ich, sie zu hören, nicht das Recht?
Thoas:
Dann darf ich sie allem Anschein nach wohl nicht hören?
Iphigenie.
Es überbraust der Sturm die zarte Stimme.
Iphigenie:
Doch, aber eigenen heftigen Emotionen überdecken die feinen Botschaften der Götter.
Thoas.
Die Priesterin vernimmt sie wohl allein?
Thoas:
Sicher, dass du diese mystischen Botschaften nicht als einzige hörst?
Iphigenie.
Vor allen andern merke sie der Fürst.
Iphigenie:
Der Fürst sollte sie als erstes hören.
Thoas.
Dein heilig Amt und dein geerbtes Recht
An Jovis Tisch bringt dich den Göttern näher,
Als einen erdgebornen Wilden.
Thoas:
Dein Priesteramt und dein familiärer Stand
bringen dich Jupiter und den anderen Göttern näher
als den Menschen. (unsicher, vielleicht meint er mit erdgebornen Wilden sich selbst?)
Iphigenie.
So
Büß' ich nun das Vertraun, das du erzwangst.
Iphigenie:
Das
ist also das Ergebnis davon, dir vertraut zu haben?
Thoas.
Ich bin ein Mensch; und besser ist's, wir enden.
So bleibe denn mein Wort: Sei Priesterin
Der Göttin, wie sie dich erkoren hat;
Doch mir verzeih' Diane, daß ich ihr,
Bisher mit Unrecht und mit innerm Vorwurf,
Die alten Opfer vorenthalten habe.
Kein Fremder nahet glücklich unserm Ufer;
Von Alters her ist ihm der Tod gewiß.
Nur du hast mich mit einer Freundlichkeit,
In der ich bald der zarten Tochter Liebe,
Bald stille Neigung einer Braut zu sehn
Mich tief erfreute, wie mit Zauberbanden
Gefesselt, daß ich meiner Pflicht vergaß.
Du hattest mir die Sinnen eingewiegt,
Das Murren meines Volks vernahm ich nicht;
Nun rufen sie die Schuld von meines Sohnes
Frühzeit'gem Tode lauter über mich.
Um deinetwillen halt' ich länger nicht
Die Menge, die das Opfer dringend fordert.
Thoas:
Ich bin nur ein Mensch. Besser wir beenden hier das Gespräch.
Mein Wort bleibt aber: Sei ruhig eine Priesterin,
die der Göttin Diana dient, genau wie diese es vorgesehen hat.
Doch biette verzeih mir,
dass ich der Göttin seit einiger Zeit
die ihr rechtmäßig zustehenden Menschenopfer verweigert habe.
Kein Fremder kann gefahrlos unsere Insel betreten.
Solang wir denken können werden sie geopfert.
Du hast mich überzeugt, freundlicher zu sein.
Ich glaubte, in deinem Verhalten Liebe zu sehen
und vielleicht die Neigung dazu, meine Frau zu werden,
was mich sehr erfreute.
Allerdings vergaß ich darüber meine Pflicht als König.
Du hattest mir geradezu den Verstand geraubt!
So erkannte ich schon gar nicht mehr, dass das Volk unzufrieden wurde.
Jetzt beschuldigen sie mich
für den frühen Tod meines Sohnes im Kampf.
Daher werde ich nun nicht den Willen des Volkes verweigern
und die Opferung von Menschen wieder erlauben.
Iphigenie.
Um meinetwillen hab ich's nie begehrt.
Der mißversteht die Himmlischen, der sie
Blutgierig wähnt; er dichtet ihnen nur
Dir eignen grausamen Begierden an.
Entzog die Göttin mich nicht selbst dem Priester?
Ihr war mein Dienst willkommner, als mein Tod.
Iphigenie:
Ich wollte nicht, dass ihr die Opferungen meinetwegen einstellt.
Ihr versteht den Willen der Götter falsch,
wenn ihr glaubt, dass sie Menschenopfer wollen. Sie sind nicht wie die Menschen
und kennen keine grausame Gier.
Schließlich hat Diana selbst mich davor bewahrt, geopfert zu werden.
Offenbar war es ihr wichtiger, dass ich für sie als Priesterin tätig bin.
Thoas.
Es ziemt sich nicht für uns, den heiligen
Gebrauch mit leicht beweglicher Vernunft
Nach unserm Sinn zu deuten und zu lenken.
Thu' deine Pflicht, ich werde meine thun.
Zwei Fremde, die wir in des Ufers Höhlen
Versteckt gefunden, und die meinem Lande
Nichts Gutes bringen, sind in meiner Hand.
Mit diesen nehme deine Göttin wieder
Ihr erstes, rechtes, lang entbehrtes Opfer!
Ich sende sie hierher; du weißt den Dienst.
Thoas:
Man sollte nun wirklich nicht versuchen,
wie es einem gerade beliebt die heiligen Bräuche
mit seinem Verstand zu deuten und in sie einzugreifen.
Erledige deine Pflicht und ich erledige meine.
Wir haben zwei Fremde in den Höhlen an der Küste
gefunden. Sicherlich hätten sie dieser
Insel Schaden zugefügt. Nun sind sie aber gefangen genommen.
Diese sollen unser erstes neues
Menschenopfer werden. Viel zu lange musste Diana ohne Opfer auskommen!
Ich sende sie dann zu dir, du weiß ja was du mit ihnen tun musst.

3. 1. Aufzug, 4. Auftritt

Goethe-Deutsch Modernes Deutsch
Iphigenie (allein).
Du hast Wolken, gnädige Retterin,
Einzuhüllen unschuldig Verfolgte,
Und auf Winden dem ehrnen Geschick sie
Aus den Armen, über das Meer,
Über der Erde weiteste Strecken
Und wohin es dir gut dünkt zu tragen.
Weise bist du und siehest das Künftige;
Nicht vorüber ist dir das Vergangne,
Und dein Blick ruht über den Deinen
Wie dein Licht, das Leben der Nächte,
Über der Erde ruhet und waltet.
O enthalte vom Blut meine Hände!
Nimmer bringt es Segen und Ruhe;
Und die Gestalt des zufällig Ermordeten
Wird auf des traurig-unwilligen Mörders
Böse Stunden lauern und schrecken.
Denn die Unsterblichen lieben der Menschen
Weit verbreitete gute Geschlechter,
Und sie fristen das flüchtige Leben
Gerne dem Sterblichen, wollen ihm gerne
Ihres eigenen, ewigen Himmels
Mitgenießendes fröhliches Anschaun
Eine Weile gönnen und lassen.
Iphigenie (allein):
Diana, meine Retterin, du hast doch die Macht,
um unschuldig Verfolgte zu fassen
und sie wie mit dem Wind hinwegzufegen.
Aus den Armen ihrer Peiniger, über das Meer hinweg
und weite Strecken über das Land.
Wo auch immer es dir gerade beliebt, sie hin zu bringen.
Du bist weise, du siehst die Zukunft
genauso wie die Vergangenheit.
Du hast deine Untertanen fest im Blick.
Auch bei Nacht
beobachtest du alles und greifst ein, wo es nötig ist.
Bitte bewahre mich davor, solch eine Opferung durchführen zu müssen.
Das Blut wird uns weder Segen noch Ruhe bringen.
Aber das Gesicht der Person, die ich ermorden muss,
wird mich
verfolgen und mir viele schlaflose Nächte bereiten.
Die Götter lieben
die guten Familien unter den Menschen. (?)
Und sie versüßen nur allzu gerne das ohnehin schon kurze Leben
der Sterblichen. (?) Sie wollen ihnen
einen Teil ihres Himmels
zeigen und eine kurze Zeit genießen lassen. (?)
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