12. August 1771 (Thema: Die Leiden des jungen Werther)

Inhaltsangabe zum Brief vom 12. August 1771 aus Goethes Werther

Schnellübersicht
  • wichtige Szene: Werther lässt indirekt durchblicken, dass er erste Suizidgedanken hat.
  • Sehr schnelle Übersicht:
    Werther und Albert kommen auf das Thema "Suizid" zu sprechen. Werther verteidigt diese Handlung (starke Betonung auf Gefühle), Albert kritisiert sie (Betonung auf Vernunft/Rationalität).
  • Werther beschreibt, wie er am vorigen Tag zu Albert ging, um sich ein paar Pistolen für einen Ausflug zu leihen.
  • Albert erzählt Werther, wie einmal bei einem seiner Bediensteten eine Pistole ungeplant losging und einer Frau einen Finger abschoss.
  • Währenddessen hält sich Werther die ungeladene Pistole an den Kopf.
  • Albert nimmt sie ihm weg. Er findet Suizid abstoßend und dumm.
  • Werther widerspricht: Je nach der Lebensgeschichte einer Person muss Suizid nicht zwangsweise "dumm" sein. Eine außenstehende Person könne dies aber nicht ausreichend beurteilen.
  • Albert meint, man dürfe sich nicht von seiner Leidenschaften kontrollieren lassen. Andernfalls würde man Alkoholiker oder Wahnsinniger werden.
  • Laut Werther seien schon immer alle großen Menschen als Wahnsinnige oder als Alkoholiker bezeichnet worden.
  • Werther beklagt, dass man jede kleine Gefühlsregung von Menschen sofort auf Albernheit oder Alkoholkonsum zurückführe (die Gefühle also als unnatürlich/unangebracht darstelle).
  • Albert bezeichnet Selbstmord als Schwäche. Man solle seiner Ansicht nach lieber ein qualvolles Leben standhaft ertragen.
  • Werther fühlt sich von diesem "unbedeutenden" Stereotyp angegriffen.
  • Werther vergleicht Selbstmord u.a. mit einem Volk, dass gegen seinen Tyrannen rebelliert (->Befreiungsschlag).
  • Albert findet Werthers Vergleiche unpassend.
  • Werther meint, man könne Leid/Freude/Schmerz nur bis zu gewissen Grenzen ertragen; danach ginge man daran zugrunde.
  • Laut Werther könne gutes Zureden die "Krankheit" einer suizidalen Person genauso wenig heilen, wie die von einer Person, die an einer normalen Krankheit leidet.
  • Werther erzählt die Geschichte eines (nicht namentlich genannten) Mädchens, das sich unsterblich in einen Mann verliebte und sich völlig auf diesen fixierte. Als dieser sie plötzlich verließ, brachte sie sich in Trauer um.
  • An diese Geschichte fügt Werther noch einmal seine Meinung an, dass jemand der sich umbringt, genauso unschuldig ist / dagegen genauso wenig tun kann, wie jemand der an Fieber stirbt.



1. Anmerkungen


  • Werther nimmt hier die typische Sturm-und-Drang-Position ein. Er betont sehr stark die Gefühle/Leidenschaften des Menschen und schätzt sie als äußerst bedeutungsvoll ein. Albert hingegen übernimmt die aufklärerische/rationale Position. Er ist der Auffassung, dass man immer mit Bedacht und Vernunft handeln sollte, anstatt sich von seinen Gefühlen leiten zu lassen.
  • Auffällig ist, dass Werther sich hier bereits als starker Befürworter von Suizid darstellt. Anhand von teilweise sehr unpassende gewählten Beispielen verklärt er diese Tat geradezu als heldenhaft (er biegt sich die Realität sozusagen so zurecht wie sie ihm am besten gefällt).
  • Der Wortwahl von Werther kann man entnehmen, dass er die Geschichte des Mädchens scheinbar nicht erfunden hat. Man kann nur über die Identität spekulieren. Möglicherweise ist das Mädchen Leonore, die er im allerersten Brief erwähnt. (Auch im allerersten Brief hat er nicht genau erklärt was aus dieser geworden ist. Offenbar verband er mit ihr aber negative Erinnerungen, die ihn letztlich dazu bewogen haben, seine Heimat zu verlassen.)



2. wichtige Textstellen


Zitat: 12. August 1771
(...) und mit einer auffahrenden Gebärde drückte ich mir die Mündung der Pistole
übers rechte Aug' an die Stirn. -"Pfui!" sagte Albert, indem er mir
die Pistole herabzog, "was soll das?" (...) "Ich kann mir nicht vorstellen,
wie ein Mensch so töricht sein kann, sich zu erschießen;
der bloße Gedanke erregt mir Widerwillen".

Zitat: 12. August 1771
"Die menschliche Natur", fuhr ich fort, "hat ihre Grenzen:
sie kann Freude, Leid, Schmerzen bis auf einen gewissen Grad ertragen
und geht zugrunde, sobald der überstiegen ist. (...) Und ich finde es ebenso
wunderbar zu sagen, der Mensch ist feige, der sich das Leben nimmt,
als es ungehorig wäre, den einen Feigen zu nennen,
der an einem bösartigen Fieber stirbt".

Zitat: 12. August 1771
Sieh den Menschen an in seiner Eingeschränktheit, wie Eindrücke auf ihn wirken,
Ideen sich bei ihm festsetzen, bis endlich eine wachsende Leidenschaft
ihn aller ruhigen Sinneskraft beraubt und ihn zugrunde richtet.
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