Lady Macbeth (Thema: Macbeth)

Die Merkmale der Person "Lady Macbeth" auf Shakespeares Werk "Macbeth"

Schnellübersicht
  • Lady Macbeth ist von starkem Ehrgeiz geprägt, aber auch von Kurzsichtigkeit.
  • Sobald sie von den Prophezeiungen erfährt, betet sie die dunklen Mächte an, ihr Geschlecht und Mitgefühl zu nehmen.
  • Fortan: Ähnlichkeiten zu den Hexen, zunehmende Brutalität und vor allem Skrupellosigkeit.
  • Nach dem Mord an Duncan: tritt zunehmend in den Hintergrund, verliert ihre dominante Position gegenüber Macbeth.
  • Verzweifelt immer mehr an ihrem Wissen über die Morde bzw. an ihrer Schuld.
  • Bringt sich schließlich um.



1. Merkmale der Person


Noch mehr als Macbeth ist Lady Macbeth von geradezu krankhaftem Ehrgeiz geprägt. Sie taucht zum ersten Mal auf, nachdem sie Macbeths Brief über die Prophezeiungen gelesen hat. Genau wie bei Macbeth kommen auch in ihr sofort erste Mordgedanken auf. Lady Macbeth ist aber von diesen nicht erschrocken und versucht nicht sie zu unterdrücken. Viel mehr lässt sie den Gedanken freien Lauf. Das einzige was ihr zu diesem Zeitpunkt Angst bereitet ist, dass ihr Gatte zu gutherzig sein könnte, um einen Königsmord durchzuführen.

Zitat: Akt 1, Szene 5, Vers 13ff
Lady Macbeth:

Glamis thou art, and Cawdor, and shalt be
What thou art promised; yet do I fear thy nature,
It is too full o`th`milk of human kindness
To catch the nearest way.

Sie ahnt bereits, dass sie Macbeth umstimmen und ihm beim Mord behilflich sein muss. Zu diesem Zweck spricht sie zu den dunklen Mächten und bittet diese, sie zu einer gewissenlosen Bestie zu machen:

Zitat: Akt 1, Szene 5, Vers 38ff
Lady Macbeth:

Come, you spirits
That tend on mortal thoughts, unsex me here
And fill me from the crown to the toe topfull
Of direst cruelty.

Fortan kann man Ähnlichkeiten zwischen den Hexen und Lady Macbeth feststellen. In ihrem Appell bittet sie die dunklen Mächte, ihr das Geschlecht zu nehmen ("unsex me here") und stellt sich damit auf eine Stufe mit den geschlechtslosen Hexen. Und genau wie die Hexen, so macht auch Lady Macbeth - zumindest gegenüber ihrem Gatten - keinen Hehl aus ihrer Grausamkeit:

Zitat: Akt 1, Szene 7, Vers 54ff
Lady Macbeth:

I have given suck and know
How tender 'tis to love the babe that milks me:
I would, while it was smiling in my face,
Have plucked my nipple from his boneless gums
And dashed the brains out, had I sworn

Auch Lady Macbeth schließt sich dem Leitmotiv "fair is foul, and foul is fair", das die Hexen ausgesprochen haben, an. Als Macbeth kurzfristig schwankt, ob er den Mord wirklich begehen sollte, verbindet sie Begriffe wie "Männlichkeit" oder "Liebe" mit dem Verbrechen und dreht so deren Werte komplett um.
Es gibt aber auch Unterschiede zu den Hexen: Lady Macbeth versteckt ihre Grausamkeit gegenüber anderen Menschen als ihrem Mann, was die Hexen vermutlich nicht täten (sie begegnen im Stück nur Banquo und Macbeth, daher kann man nur vermuten). Lady Macbeth kann weiterhin nicht in die Zukunft sehen. Das ist zwar selbstverständlich, wird aber im Stück stark zugespitzt, denn Lady Macbeth zeichnet sich durch ihre Kurzsichtigkeit aus. Nachdem sie den Brief gelesen hat, denkt sie nur noch an den Mord und damit an ihre Krönung zur Königin. Sie bedenkt weder, dass der Mord schief gehen könnte

Zitat: Akt 1, Szene 7, Vers 61
Lady Macbeth:

And we`ll not fail.

noch bedenkt sie die Konsequenzen aus dem Mord. Sie kalkuliert nicht mit ein, wie sich ihr Gatte durch den Mord verändern könnte und auch nicht, wie sie das Verbrechen später verkraften soll.
Hier lässt sich auch einer der wenigen menschlichen Charakterzüge erkennen, denn gegen Ende des Dramas verzweifelt Lady Macbeth an der Verbrechenswelle, die sie ausgelöst oder zumindest gefördert hat. Ein weiteres menschliches Merkmal ist ihre Weigerung, Duncan selbst zu töten, da dieser im Schlaf ihrem Vater glich:

Zitat: Akt 2, Szene 2, Vers 12f
Lady Macbeth:

Had he not resembled
My father as he slept, I had done`t

Offensichtlich ist ihr Wunsch, komplett entmenschlicht zu werden (siehe "unsex me here"), doch nicht in Erfüllung gegangen, oder zumindest wurde sie wieder vermenschlicht, nachdem sie das Verbrechen durchgeführt hatte.
In Folge ihrer Verzweiflung stirbt Lady Macbeth am Ende des Dramas. Es wird zwar nicht direkt ausgesprochen, aber man kann annehmen, dass sie Selbstmord begangen hat.



1.1. Beziehung zu Macbeth und Bedeutung im Drama


Die Beziehung zwischen Lady Macbeth und Macbeth ist zu Anfang vorallem von Zuneigung geprägt:

Zitat: Akt 1, Szene 5, Vers 9f (Brief)
Lady Macbeth (reads):

(...)
to deliver thee, my dearest partner of
greatness
(...)

Zitat: Akt 1, Szene 5, Vers 57
Macbeth:

My dearest love

Nichtsdestotrotz ist Lady Macbeth aber die dominante Person in der Beziehung. Sie ist es, die Macbeth zum ersten Mal die Anweisung gibt, den schönen Schein zu wahren

Zitat: Akt 1, Szene 5, Vers 63
Lady Macbeth:

look like th`innocent flower,
But be the serpent under`t.

und Lady Macbeth ist es auch, die Macbeth wieder zum Mord überredet, nachdem dieser Bedenken gezeigt hat (vgl. weiter oben). Sie ist es auch, die den Plan ausarbeitet, wie Duncan zu töten sei.
Aber die Beziehung macht einen doppelten Wandel durch.
Zum einen wechselt ihre Zusammenarbeit von partners in greatness zu partners in crime. Nach dem ersten Akt tauschen Macbeth und Lady Macbeth keine Bekundungen der Zuneigung mehr aus. Stattdessen helfen sie sich nur noch gegenseitig, die Fassade aufrecht zu erhalten. So täuscht Lady Macbeth einen Schwächeanfall vor, sobald Macduff hinterfragt, wieso Macbeth die angeblich schuldigen Wachen direkt getötet hat, anstatt sie festzunehmen, und so entschuldigt Lady Macbeth das Verhalten Macbeths beim Bankett mit einer seltenen Krankheit unter der ihr Gatte leidet.
Zum anderen wechselt auch das Verhältnis der Dominanz innerhalb der Beziehung. Während zu Anfang Lady Macbeth die klar dominierende Person ist, ist es nach dem Mord Macbeth, der die Kontrolle übernimmt. So nennt er Lady Macbeth nur noch "dearest chuck" (Akt 3, Szene 2, Vers 45), was ungefähr soviel heißt wie "mein liebstes Küken". Lady Macbeth spricht Macbeth im Gegenzug häufig nur noch als "Sir" an, oder verwendet das förmlichere "you" statt "thee". Um überhaupt ihren Gatten zu treffen muss Lady Macbeth zunächst einen Boten schicken und erfragen, ob dies dem König Macbeth genehm sei.
Im Zuge dieses Wechsels der Art der Beziehung erstirbt auch die Kommunikation zwischen den beiden. Nach dem Bankett gibt es keine Szene mehr, in der sich Macbeth und Lady Macbeth unterhalten. Ihre Bedeutung für die Entscheidungen Macbeths endet also weitestgehend mit dem Mord an Duncan. Lady Macbeth tritt immer weiter in den Hintergrund. Nach dem Bankett ist ihr nächster Auftritt nur noch die Schlafwandelsszene. Zuletzt erfährt der Zuschauer bzw. Leser von ihrem Tod - aber auch hier wieder nur durch andere Personen.
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