12. Kapitel (Thema: Irrungen, Wirrungen)

zwölftes Kapitel aus Irrungen, Wirrungen (Inhaltsangabe)

Schnellübersicht
  • Bald darauf (nach Kapitel 11) landen Botho und Lene am Steg des Gasthauses; es ist bereits dunkel.
  • Lene ist nicht wohl, daher geht sie aufs Zimmer. Die Wirtin denkt, sie sei schwanger und bringt ihr Melissentee.
  • Botho setzt sich an einen Tisch, lässt sich Fisch und Wein bringen und plaudert mit dem Wirt.
  • Sie reden über den Namen "Hankels Ablage", über die Jagdmöglichkeiten in der Umgebung und über die Besucherzahlen zu verschiedenen Gelegenheiten/Jahreszeiten.
  • Lene ist wieder munterer geworden, betrachtet im Zimmer einige Bilder und ist enttäuscht, dass sie deren Untertitel nicht lesen kann (Botho könnte es).
  • Als Botho kommt setzen sie sich ans Fenster und genießen den herrlichen Ausblick und die Ruhe.


1. Inhaltsangaben


Das zwölfte Kapitel spielt direkt im Anschluss an das elfte. Es ist noch derselbe Abend, aber bereits dunkel geworden, als Botho und Lene mit ihrem Boot am Steg des Gasthauses anlegen.

Botho bietet Lene etwas zu trinken an - verschiedene Weine - Lene lehnt aber ab. Sie fühlt sich nicht gut und will daher lieber auf ihr Zimmer gehen (vermutlich rein psychische Nachwirkungen des Haar-Problems aus Kapitel 11 gegen Ende). Die Wirtin befürchtet, dass Lene schwanger sei und bietet ihr daher einen Melissentee an. Nach den Erfahrungen der Wirtin (sie war schon fleißig im Kinderkriegen) soll das in solchen Fällen helfen. Lene nimmt den Tee dankend an und verkneift es sich, die Wirtin in ihrer Schwangerschaftsvermutung zu berichtigen.

Unterdessen hat sich Botho draußen an einen Tisch gesetzt und sich ein Fischgericht und etwas Wein bestellt. Den Wirt hat er eingeladen sich dazu zu setzen und etwas mit ihm zu plaudern.
Neugierig fragt Botho zunächst, woher eigentlich der Name "Hankels Ablage" käme. Der Wirt berichtet, dass der Ort früher einmal der Hafen und das Ablagegebiet für die Güter von etwa 30 umliegenden Dörfern gewesen sei. Da in der Nähe ein Fischer mit Namen Hankel wohnte, hat sich der Name "Hankels Ablage" eingebürgert.
Danach erläutert der Wirt, dass das Gebiet um "Hankels Ablage" prächtig zum Jagen geeignet sei.
Botho erinnert daraufhin an die derzeitige Ruhe und Einsamkeit und fragt, ob es bei "Hankels Ablage" immer so angenehm zugehe. Er bezeichnet das hiesige Leben als sehr angenehm und vorteilhaft (Idylle, Ruhe, Jagen), übersieht aber die harte Arbeit, die dem Wirt diese Idylle und Ruhe nimmt. Wie schon bereits am Anfang des Romans (Beschreibung des Lebens der Dörrs wie im "Paradies") betrachtet Botho das bürgerliche Leben nur einseitig; eben von der Seite, welche die Arbeit nicht beachtet. Sein Bild des Bürgertums ist durch idealistische Vorstellungen verzerrt.
Der Wirt verneint entschieden Bothos Frage und erzählt davon, wie ab März die Berliner hierher kämen (und zumeist mit Sonnenbrand und Lungenentzündung wieder gingen). Ab Juli würde es dann richtig schlimm werden. In dieser Zeit legten sehr häufig am Morgen große Dampfschiffe mit mehr als 200 Passagieren an. Über die Mittagszeit gingen diese noch durch Wald und Wiesen, am Abend wollten sie aber bewirtet werden. Danach tanzten sie im Ballsaal und führen erst um 11 ab. Erst dann könne er den Saal wieder für das Schiff am nächsten Tag vorbereiten.
An den restlichen Feiertagen des Jahres kämen außerdem aus den umliegenden Dörfern viele Besucher, die aber sehr streitsüchtig seien. Und das ganze Jahr über würden ab und an kleinere Segler und Ruderer anlegen.
Trotzdem sei er dankbar, denn die ganzen Besucher spielten ihm eine Menge Geld in die Kasse (vor allem die großen Dampfschiffe). Dafür kostete ihn der Stress aber auch jedes mal etwas Lebenszeit.
Botho verabschiedet sich danach vom Wirt und geht aufs Zimmer.

Unterdessen hat sich Lene wieder etwas erholt. Während Botho noch im Gespräch mit dem Wirt war, hat sie sich bereits etwas im Zimmer umgesehen. Ihrer Meinung nach sei dieses geschmackvoll eingerichtet. Unter anderem hat das Zimmer ein sehr großes Fenster mit schönem Ausblick, und einen eleganten Toilettentisch (kleiner Tisch mit Spiegel zum Schönmachen; in erster Linie für Frauen).
Außerdem bemerkt sie drei Bilder an der Wand, die vermutlich ersteigert sind. Jedes der Bilder hat eine Bildunterschrift: "Washington crossing the Delaware", "The last hour at Trafalgar", "Si jeunesse savait". Lene ist etwas enttäuscht bei dem Gedanken, dass sie diese Bildunterschriften nicht versteht, während Botho dies könnte. Sie fühlt dadurch eine Kluft zu ihm, was ihre Bildung angeht.
Während sie noch so enttäuscht ist, macht sie das Fenster auf. Sie genießt die abendliche Luft und den schönen Ausblick. Dann setzt sie sich an den Tisch und macht ihr Haar.

Botho erscheint daraufhin und ist erfreut, dass sie noch wach ist und sich wieder besser fühlt. Lene zeigt ihm den Ausblick aus dem Fenster und lehnt sich voller Glück an ihn.


2. wichtige Textstellen


Zitat: S.75, Z.15ff
(Wirt:)
"Überhaupt ein rechter Jagdgrund, Schwarzwild
und Damwild in Massen und in dem Schilf und Rohr
hier Enten, Schnepfen und Bekassinen."

"Entzückend", sagte Botho, in dem sich der Jäger
regte. "Wissen Sie, dass ich Sie beneide. Was tut schließlich
der Name? Enten, Schnepfen Bekassinen. Es überkommt
einen eine Lust, dass man's auch so gut haben möchte.
Nur einsam muss es hier sein, zu einsam."


Augenscheinlich sprechen die beiden hier übers Jagen.
Bedenkt man aber, dass "Schnepfen" auch als Bezeichnung für Prostituierte verwendet wurde
und "Bekassine" auch eine französische abwertende Bezeichnung für Mädchen war, so
bekommt die Textstelle durchaus eine ganz andere Bedeutung.

Zitat: S.77, Z.26f
"Wohl, ich sehe schon", sagte Botho, "kein Glück ist vollkommen."

Zitat: S.80, Z.17ff: Lene schaut im Zimmer aus ihrem Fenster
Eine tiefe Stille
herrschte, nur in der alten Ulme ging ein Wehen und
Rauschen und alles, was eben noch von Verstimmung
in ihrer Seele geruht haben mochte, das schwand jetzt
hin als sie den Blick immer eindringlicher und immer
entzückter auf das vor ihr ausgebreitete Bild richtete.

Kommentare (13)

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Wir bitten um ihr Verständnis.
Ich hasse dieses Buch, besonders Botho, da er immer so viel Müll labert.
frotzen (Gast) #
Ich hasse dieses buch, besonders Botho, da er immer so viel Müll labert.
frotzen (Gast) #
Am Ende des Kapitels haben die Sex OK? Sex!!!!
Indica (Gast) #
warum erkennt man, dass sich Lene und Botho in einer Situation befinden, in der das vermeintliche Paradies "hankels ablage" relativiert wird?
ArnoNuehm (Gast) #
ich denke das diese textstelle bedeuten soll , da botho ja viel mit ,,Bekassinen,, und ,,Schnepfen,, zu tun hat und es für die anderen vielleicht erstmal toll scheint solche Verhältnisse zu haben , es für Botho aber nicht toll ist und er sich so einfach zu einsam fühlt. Somit übt er ja wieder Kritik am adeligen Leben und idealisiert das bürgerliche.

P.S: bin mir aber unsicher :S
Monsieur (Gast) #
Wie kann es sein, dass Botho das bürgerliche Leben scheinbar idealisiert, er sagt doch gleichzeitig, dass es dort "zu einsam" sei! Wie kann er es den idealisieren wenn er doch die Schwachpunkte sieht? Denn so sieht er das bürgerliche Leben doch durchaus realistisch.



Ist gemeint, dass Botho hier das bürgerliche Leben einfach etwas anders sieht?Ich finde jedoch, dass das für einen Adligen selbstverständlich ist: Adlige leben nunmal in ihrer eigenen Welt.
Madame Sonne (Gast) #
W
Madame Sonne (Gast) #
Von den Lesern seiner Zeit wurde Irrungen,Wirrungen aufgrund dieses Kapitels in einem Leserbrief aus einer Zeitschrift als "Hurengeschichte" bezeichnet und stark abgelehnt, was deutlich macht, dass die Leser den tieferen Sinn des Werkes auf keinen Fall verstanden haben. Es geht hauptsächlich um den Glücksanspruch des Individuums, der in der Ständegesellschaft des Wilhelminischen Kaiserreichs nicht realisiert werden kann.
Christin (Gast) #
ich würde sagen hauptsächlich auktoriales erzählsituation

aber als lene alleine im zimmer ist, liegt eine personale erzählsituation vor aus ihrer sicht, damit ihre extreme gefühlslage deutlich wird.
ArnoNuehm (Gast) #
Dieses Kapitel hat bei den Lesern besonderen Protest erregt. Fontane fügt hier am Ende eine Leerstelle ein, die im ersten Augenblick offen zu lassen scheint, was zwischen Botho und Lene geschieht.

Zur damaligen Zeit war allerdings absolut klar, dass es zwischen den beiden zum Sex kommt, was ebenjenen Protest ausgelöst hat.
ArnoNuehm (Gast) #
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